Montag, 13. Januar 2014

Beziehungen leben

Kontakte knüpfen, zu gestalten und dann zu pflegen, erfordert Einsatz.
Zum Beispiel im Reden und Hören. 
Im Gespräch ist jeder mal dran, es sollte ein Geben und Nehmen sein. 
Mit wem reden? 
Mit jedem reden! Als ob das Leben davon abhinge. Es hängt nämlich davon ab. 

Wozu Smalltalk?

Rede mir keiner von der Kunst des kleinen Gespräches. Ich hasse Geschwätz. So!
Normalerweise mag ich das Verb "hassen" nicht, hier passt es. 
Dumm herumsitzen, über das Wetter, den Fußball, den Promi-Klatsch etwas hören zu müssen, die nächste billige Vorabendserie (aus Amerika) oder Telenovela (die mit dieser bösen Frau) als bedeutende Information zu bekommen. Das billige ich höchstens Heranwachsenden zu, denn sie schreien nach Vorbildern und Orientierung. Aber flaches Gebabbel brauchen auch die nicht. 
Geschwätz ist unnötig, dummes Genöle, Gejammere und billige Witze ermüden meinen Geist, all das bereitet mir auch körperlich spürbaren Schmerz. 
Ich bin eine zu starke Person, als dass ich mich mit sinnlosem Gerede abgeben möchte. 
Ich sage das weder überheblich noch entschuldigend. Und ich klage niemanden an. 

Ich drücke in einem Satz lieber drei als nur einen halben Gedanken aus. Ich möchte sinnvoll und bewusst sprechen. Auch in der Freizeit. 
Ich leite eine (kleine, feine) Akademie, das erwarte ich daher schon von meinem Selbstbild. ;-) 
Aber Scherz beiseite: auch meine Kunden erwarten, dass ich Dinge mitbedenke und Nuancen höre, die sie selbst in ihren Worten und Gedanken nicht wahrnehmen. 
Kurz: Einen gebildeten Menschen, der hin-hört. 

Alle Menschen sind interessant

„Menschen, an denen nichts auszusetzen ist, haben nur einen Fehler: Sie sind uninteressant.“ (Zsa Zsa Gabor) 
Also: Da man an allen Menschen was aussetzen kann, bedeutet das logischerweise: Alle Menschen sind interessant. 
Gebildete Menschen sind interessanter. Finde ich. Aber was bedeutet schon Bildung? 

Menschen wollen über sich selbst reden, das ist wahr. Also können Sie sie etwas fragen. Vorausgesetzt, es interessiert Sie, ja, Sie, verehrter Lesender, vorausgesetzt, es interessiert Sie wirklich. 

Wer sich interessiert, wird interessant

Menschen freuen sich über ehrliches Interesse an ihrer Person. Wer offen und ehrlich spricht, ohne allzu viele Absichten zu hegen, dem vertraut man leichter.

Fragen Sie bitte nicht mich. Ich spreche nicht gern über mich selbst. Ich kenne mich schon. 
Ich weiß ziemlich viel über mich. Und das meiste ist langweilig. Ehrlich! 
Die meisten Menschen interessieren sich nicht für mich, auch wenn sie mich etwas fragen. Sie sind nur neugierig. Sie warten nur darauf, dass ich atme, einen weiteren Aspekt einflechten möchte, der mir bedeutsam ist, und schon unterbrechen sie mich, um über sich selbst zu sprechen. 
Vorbei. Gut ist. 
Geht Ihnen das auch so? 

Ich lerne gerne Neues. Im Gespräch bin ich gerne bereit, kurz die Internetdatenbanken zu befragen, um einen Aspekt zu verstehen, den weder ich noch mein Gesprächspartner kennen. Ach, die Quitte ist eine Rose, faszinierend. Meine Mutter kochte Gelee daraus, doch der Quittenbrand ist auch etwas Feines! Oh, dieser Wein ist eine Kreuzung aus zwei anderen, uns längst bekannten Sorten. Und ebenso exquisit, finden Sie nicht auch? 
Ja, das nenne ich eine gepflegte Unterhaltung. 

Es gibt Menschen, die langweilen sich dann, die finden Fußball oder schmutzige Witze über Frauen passender. Oder die neuesten Eskapaden der vorletzten Ex-Frau. 
Vielleicht kann man ja wirklich von jedem etwas lernen. 
Ich übe mich dann in Geduld. Das gelingt nicht immer. Es geht mir auf den Geist, es nervt. Das darf es. Zahnschmerz nervt auch. Dann tut man was dagegen. Normalerweise das einzig vernünftige und sinnvolle. Muss man nicht drüber reden, oder? 
Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht. Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen. Nicht so die Frevler: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht. (Psalm 1)

Wer fragt, führt! 

Fragen Sie  also nicht so, dass man mit Ja, Nein, gut, schlecht, antworten könnte. 
Das bringt niemanden weiter. 
Der Schlüssel zum Erfolg sind Fragen. Große, aufschlussreiche Fragen. Fragen Sie bedeutende Fragen, und gewichtige, die Ihnen beiden weiterhelfen. Nur wenn Sie solche Fragen stellen, finden Sie die Antworten der Menschen, der wirklich interessanten Menschen, die Ihnen von Ihren großen Leidenschaften, Hoffnungen, Träumen, von ihren Ideen berichten. 
Da können Sie alles fragen: 

Familie? 

  • Oh, ich spüre, es verletzt Sie, dass Ihre Exfrau sich so benimmt. Haben Sie gemeinsame Kinder? 
  • Wie geht es Ihrer übrigen Familie? 
  • Woran haben Sie erkannt, dass Ihr Sohn sich verändert hat? 
  • Was hat Sie daran am meisten überrascht?

Beruf? 

  • Was machen Sie denn beruflich? 
  • Wie sind Sie dazu gekommen? 
  • Was macht Ihnen die größte Freude an Ihrem Beruf? 
  • Welche Fähigkeiten braucht man, um das tun zu können? 
  • Wie sehen Sie diesen Beruf in zehn Jahren? 
  • Und wo sehen Sie sich? 
  • Wie haben Sie Ihr Unternehmen im vergangenen Jahr umstrukturiert um auf die großen Herausforderung des nächsten Jahrzehnts vorbereitet zu sein? 
  • Was hat gut funktioniert und was nicht? 
  • Rückblickend betrachtet, was hätten Sie gerne anders gemacht?
Übrigens: 
Im Vorstellungsgespräch zum nächsten Job, zur nächsten sinn-vollen Tätigkeit, werden Fragen gestellt und beantwortet. 
Und der Smalltalk am Anfang des Vorstellungsgespräches ist eine der wunderbarsten Anknüpfungspunkte, um das aufzubauen, was schlussendlich zur neuen beruflichen Tätigkeit verhilft: Beziehung. 
Haben Sie sich schon mal für die Denkwelt Ihres zukünftigen Chefs interessiert? 

Sinn 

Oh ja, die großen Lebensfragen. 

  • Woher kommen wir? 
  • Wohin gehen wir? 
  • Warum sind wir hier? 
  • Wer ist Ich? Und warum so wenige?
  • Was trägt mich? 

Selten nehmen sich Menschen dafür Zeit. Doch es ist immer bereichernd.
Ob im Seelsorge-Gespräch, im Coaching-Gespräch, in der Karriereberatung und Strategieentwicklung. Menschen gehen "größer" daraus hervor, reicher, freier, selbstbewusster. 
Da erlebe ich meine Berufung. Und die ist für andere gut. Da gehen wir gemeinsam und säen eine gute Zukunft. 
Und wissen Sie was: Jeder gewinnt! Das braucht oft keine Worte mehr. Und das ist auch gut so. Denn: 
Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen. (Ludwig Wittgenstein)

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